Referat von Daniel Bärtschi
Agronom, Vordenker im Bereich regenerative Landwirtschaft, Berater für Nachhaltigkeit von Firmen und Start-ups
Aus: StopArmut-Konferenz vom 25. März 2023 in Aarau (inkl. Q&A)
Zusammenfassung
Verfasst von: Florian Glaser / StopArmut
Die Schöpfung als Lebensgrundlage ist bedroht
Wir haben den Auftrag erhalten, die Erde zu bebauen und bewahren. Das Bebauen haben wir begriffen – beim Bewahren hat Daniel Bärtschi Zweifel. Gott hat die Erde so geschaffen, dass wir aus dem Boden Lebensmittel generieren können. Die Schöpfung ist voller Wunder. Es ist eine absolut einmalige Sache, was wir mit der Schöpfung vorgesetzt erhalten. Und das zu schützen, zu schonen, zu wertschätzen und wertvoll zu behandeln ist dringend. Den unserem Planet geht es nicht gut.
Wir verbrauchen mehr Ressourcen als nachwachsen und übernutzen die Erde. Die Schweiz verbraucht 3.1 mal so viel Rohstoffe pro Jahr wie nachwachsen (als Welt verbrauchen wir 1.7 Welten). Und wir bringen auch zu viele fremde Substanzen in die Erde ein. Wir haben Luftverschmutzung, zu viel Stickstoff und Phosphor in den Böden und der Umwelt, wir brauchen zu viel Land (Stichwort Abholzung) und der Klimawandel ist ebenfalls eine Konsequenz unserer Übernutzung.
70% unserer Böden/Ackerflächen brauchen wir jedoch nicht für den Menschen, sondern für Tierfutter, Energie und Textilien. Es wächst aber auch auf 60% dieser Landwirtschaftsflächen nur Gras – weshalb Veganismus nicht die Lösung ist. Es braucht Wiederkäuer, die das Gras verarbeiten und daraus wertvolle Lebensmittel erzeugt. Die Tiere müssen einfach Gras fressen. Und damit das möglich ist (und die Nahrung nicht mit Soja etc ergänzt werden muss), müssen wir den Fleischkonsum um 40-60% reduzieren. Es ist eine ganz klare Frage des Masses. Dies zeigt auch das Beispiel, dass 800 Mio. Menschen unterernährt sind und 1.1 Mia. Menschen übergewichtig. Wir haben ein Problem der Nutzung und der Verteilung.
Was heisst das für uns als Christen? Wir haben den Auftrag, die Schöpfung zu nutzen, aber sollten sie nicht übernutzen. In den Kirchen ist dies leider selten ein Thema. Die Schöpfung wird als etwas selbstverständliches angeschaut, aber nein die Schöpfung ist nicht selbstverständlich. Es braucht unseren Einsatz.
Regeneration
Regeneration ist ein natürlicher Prozess. Die Schöpfung ist so gemacht, dass sie sich regenerieren kann. Die Natur hat Regulationsmechanismen, um sich zu erholen und eine Fülle an Leben und Ressourcen anzubieten. Ein wichtiger Faktor dafür ist die Biodiversität. Sie ist entscheiden für die Existenz unserer Spezies. Wenn diese zurückgeht, werden viele Menschen darunter Leiden. Dass der Wiederaufbau von Ökosystemen und die Stärkung der Biodiversität möglich ist zeigt zb die Arbeit von Tony Rinaudo (Farmer Managed Natural Regeneration. Buchempfehlung: Unsere Bäume der Hoffnung).
Regeneration bedeutet das Leben ins Zentrum unseres Handelns zu rücken, zu fragen ‘was bringt unser Handeln für das Leben?’. Das gilt für alle, Unternehmen, für uns als Personen, Familien aber auch Kirchen und Gemeinschaften.
Wir müssen von der Ausbeutung zur Aufbauenden Gesellschaft werden, indem wir der Natur mehr geben, als wir herausnehmen. Wir müssen diesen Weg einschlagen, wenn wir als Menschheit erfolgreich sein wollen in Zukunft. Indem Sinne, dass auch Generationen nach uns noch gut und sicher auf dieser Erde leben können.
Die technischen Lösungen sind vorhanden. Dies zeigt u.a. Paul Hawken in seinem Buch ‘Drawdown’. Er hat aufgelistet, was wir mit den heutigen technischen Lösungen und Verhaltensanpassungen bewirken könnten. Wir können es wenn wir es wollen. Da scheitert es aber leider meist.
Die Wirtschaft hat sich Ziele gesetzt, um naturpositiv zu werden. Das Ziel ist im Bezug auf die Biodiversität ist, dass wir bis 2030 im Gleichgewicht, 2050 naturpositiv sind.
Für die Wirtschaft ist das herausfordernd, den sie muss eigentlich ein negatives Wachstum anstreben. Aber es geht und folgende Elemente sind dazu wichtig:
- Suffizienz – also die Frage: wie viel ist genug?
- Vermehrter Einsatz von natürlichen Rohstoffen
- Kreislaufwirtschaft (aktuell ist die Schweiz 7% zirkular, 93% der Rohstoffe werden nicht wiederverwertet)
- Erneuerbare Energie
- Lokalisierung der Produktion
Im Gegensatz zu nachhaltigen gehen regenerative Geschäftsmodelle einen Schritt weiter: Sie sind auf das sukzessive Wiederherstellung von Ressourcen ausgerichtet und dienen damit dem gesamten Ökosystem. (Buchempfehlung: The regenerative Business von Carol Sanford)
Regenerative Landwirtschaft
Regenerative Landwirtschaft umfasst landwirtschaftliche Prinzipien und Praktiken, die die biologische Vielfalt erhöhen, Böden verbessern, Wassereinzugsgebiete schützen und die Ökosystemleistungen verbessern. Durch Humusaufbau und damit Anreicherung von Kohlenstoff im Boden zielt regenerative Landwirtschaft auch darauf ab, die globale Klimaerwärmung zu reduzieren. Gut umgesetzt resultieren trotz reduziertem Hilfsmitteleinsatz stabilere Erträge, eine bessere Widerstandsfähigkeit gegen Klimainstabilität und höhere Resilienz und Vitalität für ländliche Gemeinschaften.
Ein Pionier dafür ist Joel Salatin, ein christlicher, umweltbewusster und kapitalistischer Bauer (Buchempfehlung: Schweineglück und Lebenslust). Er zeigt auf, wie wir die Natur nutzen können und hat auf einem heruntergekommenem Stück Land innerhalb von 40 Jahren ein Unternehmen aufgebaut, das heute oft als eines der besten Landwirtschaftsbetriebe der Welt bezeichnet wird. Er ernährt 5’000 Familien, fördert Ökosysteme, steigert die Biodiversität und baut Humus auf.
In der Schweiz wurde vor 4 Jahren der Verein Agricultura Regeneratio gegründet (Aktuell 140 Betriebe). Das ist noch eine kleine Bewegung, aber es gibt auch Grosskonzerne die regenerative Landwirtschaft fördern. Beispiel Nestlé – auch wenn heute immer noch nicht alles gut ist was sie machen – will bis 2030 50% ihrer Rohwaren aus regenerativer Landwirtschaft beziehen und investiert dafür 3.2 Mia CHF. Sie machen das nicht als PR-Coup oder Greenwashing, sondern weil sie merken, wenn sie dies jetzt nicht machen, dann verlieren sie ihre Rohwaren. Der Wille ist da, es muss jetzt noch umgesetzt werden und auch andere Unternehmen müssen in diese Richtung gehen.
Dies zeigt auch Grosskonzerne machen sich Gedanken zur Umwelt, ja müssen das tun aus ökonomischer Sicht, den sie hängen von der Umwelt ab.
Schlussfolgerung:
- Die Schöpfung ist wunderbar
- Regeneration ist der Weg in die Zukunft
- Wir als Konsumenten haben es in der Hand. Wir kommen aber nicht darum herum uns zu informieren. Unternehmen handeln wenn sie den Druck spüren von Konsumenten.
Was wir konkret tun können:- Den Kontakt suchen mit lokalen Bauernbetrieben
- Nachfragen in Geschäften, wenn Label nicht eindeutig sind (das zeigt den Konsumentenwunsch und macht Druck auf Unternehmen)
- Im Mass konsumieren: Beispiel Fleischkonsum um 40-60% reduzieren, damit wäre es möglich die Tiere mit der vorhandenen Grasfläche zu ernähren).
- Mehr frisch einkaufen und selber verarbeiten.
Es geht darum sinnvoll mit der Schöpfung umzugehen, zu schätzen und nutzen was wir haben, aber nicht zu übernutzen, nicht den Überfluss anzustreben, sondern das genug für alle.
Buchempfehlung: Daniel Bärtschi; Die Erde ist, was du isst