In der «1h Stunde Eco-Runde» vom letzten Dienstag sprachen David Hachfeld von Public Eye und Debora Alder-Gasser von TEIL über die zahlreichen Missstände in der Textilindustrie. Während Hachfeld betonte, es herrsche in der Branche ein “System der organisierten Verantwortungslosigkeit”, lud Alder-Gasser die Teilnehmenden dazu ein, die eigenen Gewohnheiten bezüglich Kleiderkauf zu reflektieren.
In der Schweiz kauft jede und jeder im Durchschnitt 50-70 Kleidungsstücke und 6 paar Schuhe pro Jahr. Viele davon werden kaum getragen, sondern landen im Müll oder in der Kleidersammlung. Die gespendete Ware ist meist von schlechter Qualität, was zu zahlreichen – oft illegalen – Müllhalden im globalen Süden beiträgt. “Wir steuern auf eine Riesenkatastrophe zu”, meint Hachfeld. Viele Textilien werden aus Plastik und fossilen Rohstoffen hergestellt, was die Klimakrise verschärft. Hinzu kommt die grosse Menge an Pestiziden, die namentlich auf Baumwollplantagen eingesetzt wird. Diese sind nicht nur für die Umwelt sondern auch für die Arbeiter:innen auf den Plantagen extrem schädlich.
“Der Kampf der Arbeiter:innen läuft immer wieder vor eine Mauer”
In der Textilindustrie herrschen bekanntlich sehr schlechte Arbeitsbedingungen, führt Hachfeld weiter aus. In Ländern wie China, Bangladesch, Türkei und Indonesien verdienen die Arbeiterinnen und Arbeiter nur ca. 400 Dollar pro Monat. Die betroffenen Menschen protestieren und vereinen sich in Gewerkschaften, da der Lohn mindestens dreimal so hoch sein müsste, um ein Leben in Würde zu leben. Doch die mächtigen Grosskonzerne nutzen die begrenzten Möglichkeiten der Zivilgesellschaft gnadenlos aus. Hachfeld nennt es ungeschönt ein “System der organisierten Verantwortungslosigkeit”. Genau da setzt die Organisation Public Eye mit ihren Aktionen an: durch die Sensibilisierung der Öffentlichkeit soll das perfide Profitsystem der Konzerne offengelegt werden, damit sie gerechte und nachhaltige Praktiken umsetzen.
Die wirkliche Ursache des Problems
10% des CO2 Ausstosses geht auf Kosten der Textilindustrie und jede Sekunde wird eine Ladung von Textilien auf eine Müllhalde geworfen. Doch was sind die Ursachen dafür, fragt sich Alder-Gasser: der Überkonsum? die schlechte Qualität der Kleider? die fehlenden gesetzlichen Rahmenbedingungen? Oder alles davon ein bisschen? In den Augen der Berner Stadträtin gibt es eine tieferliegende Ursache, und zwar in den Gewohnheiten, wie wir Kleider konsumieren. Denn viele wissen zwar, dass dieser Konsum nicht nachhaltig ist, doch kaufen weiter wie immer ein. “Darum sollten wir mehr über unsere Gewohnheiten ins Gespräch kommen”, mein Alder-Gasser.
TEIL
Mit dem Projekt TEIL, das sie mitbegründet hat, möchte Alder-Gasser ein Teil der Lösung sein und das kreiswirtschaftliche Denken fördern. Das Geschäft in der Berner Innenstadt ist wie eine “Bibliothek” aber für Kleider. Mit einem Abo erhält man Zugang zu Kleidern und kann sie leihen. Das ist eine von vielen Möglichkeiten konkret und persönlich etwas Gutes in Richtung Nachhaltigkeit zu tun. In der Praxis ist es jedoch oft schwieriger, wie Alder-Gasser aus ihrer Projekterfahrung berichtet. Es mangelt nicht an Zustimmung für das Projekt, doch die grösste Hürde liegt in der konkreten Veränderung des Konsumverhaltens. Rhetorisch schließt sie ihren Impulsvortrag mit der Frage, was wir ändern können, und schlägt z.B. Ideen vor, wie das Abbestellen von Newslettern, die uns Schnäppchen bieten, aber einen hohen Preis für Mitmenschen und Umwelt haben.
1h ECO-RUNDE ist ein regelmässiges stattfindends online Format von Eco Church Network, ein Projekt von StopArmut. Ziel ist es, einen kurzen Impuls zu jeweils einem ökologischen Aspekt zu erhalten, Ideen auszutauschen und sich gegenseitig zu inspirieren, damit es nicht nur beim Wissen bleibt.
Die Kurzreferate fanden am 26.11. 2024 im Rahmen der 1h ECO-RUNDE statt.
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