Zu Ostern ein Ende von Gewalt

Was wenn unsere Besessenheit von Gewalt als Lösung eine Illusion wäre? In einer Zeit, in der Nationen sich bewaffnen und Konflikte auflodern, zeigt uns das Kreuz Christi einen radikalen Weg: das Böse besiegen, indem man sich schlagen lässt. Eintauchen in eine göttliche Umkehr, die all unsere Logik auf den Kopf stellt.

SHARE
Easter and peace
|
14 April 2025
|

Die Originalsprache des Textes ist Französisch.

Am Vorabend von Ostern bereiten sich die Christinnen und Christen aller Welt darauf vor, sich gemeinsam an den Sieg über Sünde und Tod zu erinnern, den Jesus am Kreuz errungen hat. Tatsächlich sind wir in Einigkeit darin, die Erlösung zu feiern, die durch das ultimative Opfer Gottes erlangt wurde; durch seinen Sohn, der als vollkommenes Lamm dargebracht wurde, um die Menschheit zu retten.

Wir können uns eine Stadt Jerusalem vorstellen, die in einem völligen Kontrast zu dem steht, was sich dort ereignet: Die Stadt bereitet sich einerseits darauf vor, das Fest der ungesäuerten Brote zu feiern, sich an den Auszug aus Ägypten zu erinnern und Gott mit Gesängen und Opfern zu preisen. Anderseits finden gleichzeitig jedoch die Vorbereitungen für die Gefangennahme und später die Hinrichtung Jesu statt. Es bahnt sich ein weiterer Showdown an. Im entscheidenden Kampf mit dem Bösen hat Gott einen triumphalen Sieg über Letzteres vorgesehen.

Der Mythos der erlösenden Gewalt

Man sollte meinen, diesen Kampf gegen das Böse zu kennen. Er ist in all unseren Geschichten zu finden. In der überwiegenden Mehrheit unserer Filme, Serien oder Bücher steht ein Gegner, der Chaos sät, einem Helden gegenüber, der versucht, dies zu verhindern.

Ordnung, Frieden und Sicherheit werden erst wiederhergestellt, wenn es dem Helden schlussendlich gelungen ist, dem Bösewicht eine Lektion zu erteilen. Und die Geschichte endet mit einem Happy End, dem Moment der Ruhe, der auf die Gewaltwelle der «Guten» folgt.

Dieser Glaube, dass Gewalt die Macht hat, das Chaos zu regulieren, hat einen Namen: Es ist der Mythos der erlösenden Gewalt. Dieser Mythos, der 1999 von Walter Wink in seinem Buch The Powers That Be1 erörtert wurde, lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Kurz gesagt, der Mythos der erlösenden Gewalt ist die Geschichte vom Sieg der Ordnung über das Chaos durch Gewalt.“2 Dieser Mythos existiert in unseren Köpfen seit den ersten Erzählungen der Menschheit und besteht bis heute.

Doch diese Atempause des Happy Ends unserer Geschichten darf nicht mit einem dauerhaften Frieden verwechselt werden. Denn die Geschichte berücksichtigt weder die Rachegelüste des „Bösen“ oder derer, die das „Böse“ liebten, noch die Pläne anderer Gegenspieler des Helden, die sich nun bedroht fühlen und schützen wollen und auch nicht die Traumata der Personen, die diese Gewalt miterlebt haben. Selbst die des „Guten“ müssen weiter beachtet werden, denn Gewalt und Aggression schädigen auch den Geist derjenigen, die sie ausüben. Die verschiedenen Elemente dieser Auflistung machen die neue Situation noch angespannter und explosiver.

Dass Gewalt in Wirklichkeit nicht in der Lage ist, Gewalt zu stoppen, zeigt sich auch auf der nationalen und internationalen Bühne. Tatsächlich haben Studien gezeigt, dass fast die Hälfte aller Länder in einer „Post-Konflikt-Situation“ (Krieg, Bürgerkrieg oder gewaltsame Revolution) ein Wiederaufflammen gewaltsamer Auseinandersetzungen erlebt. 3. Während Propagandisten versuchen, uns davon zu überzeugen, dass es besser ist, als Erster zuzuschlagen, um das Problem ein für alle Mal zu lösen, und ganz Europa sich von der internationalen Hilfe abwendet, um sich auf den Beginn eines dritten Weltkriegs vorzubereiten, ist es notwendig, einen Schritt nach hinten zu machen und sich daran zu erinnern, dass dieser Krieg, wenn er denn kommt, in den Jahrzehnten nach seinem Ende die Quelle vieler weiterer Kriege sein wird. Zerstörung zieht Zerstörung nach sich und Chaos zieht Chaos nach sich.

Ist es also überhaupt möglich, das Böse zu bekämpfen?

Ein dritter Weg eröffnet sich zu Ostern

Gott musste eine Entscheidung treffen, die der Natur seiner Heiligkeit entsprach: das Böse überall dort zu zerstören, wohin es sich ausgebreitet hat und somit die Menschheit, an der die Sünde haftet, zu opfern, oder das Böse weiterbestehen zu lassen und damit seine Schöpfung zu vernichten. Aber Er lehnte beide Alternativen ab und eröffnete aus Liebe zu uns einen dritten Weg, indem Er Jesus als vollkommenes Opfer dargebracht hat. «Mit seinem Tod am Kreuz vereint Christus mehrere Handlungen in einer einzigen: Er erfüllt das der Menschheit vorgeschlagene Versöhnungsangebot Gottes, eröffnet aber gleichzeitig auch einen neuen Handlungsweg.» 4 Dieser Weg, der vollkommener ist als die Opfer des Alten Testaments, lädt zu einer Ethik der Gerechtigkeit ein, die auf den Lehren Christi basiert. Das Opfer Jesu kehrt die Verdorbenheit der Sünde vollständig um. Jesus lädt uns ein, ihm zu folgen, weg von dem unvollkommenen Weg unseres eigenen Opfers oder des Opfers unseres Nächsten, auf einen Weg des Lebens.

Jesus hätte den Tempel in drei Tagen zerstören und wieder aufbauen oder eine Armee von Engeln herabkommen lassen können, um ihn zu verteidigen. Aber er tat es nicht. Bevor er starb, entschied sich Jesus, auf seine Macht und Autorität als König zu verzichten. Die spöttischen Lösungsvorschläge, die Jesus von seinen Verächtern angeboten wurden, erinnern an unsere eigene Haltung nach dem Motto: «Rette sich, wer kann! » Mit den Waffen, die wir haben, bereiten wir uns darauf vor, zu töten, anstatt zu sterben.

Ein Aufruf, den Weg der Versöhnung zu gehen

Anstatt eine Welle der Gewalt gegen diejenigen zu richten, die ihn bedrohen, lässt Jesus sein Leben. Er weigert sich, in die absurde Logik der Sünde einzutreten, um uns die Versöhnung mit unserem Vater zu ermöglichen.

Wie Paulus in seinem zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth5 bekräftigt, sind wir zu einem Dienst der Versöhnung berufen, genauso wie Jesus dazu berufen war, ihn zu leben. Diese Versöhnung, durch den Sieg über den Tod selbst, macht uns zu Verkündern Seiner Gerechtigkeit und der Guten Botschaft der Erlösung, die unser Leben verändert. Weit entfernt von einer passiven und fatalistischen Rolle regen Jesus und die Apostel abwechselnd zum Nachdenken und Handeln an, auch in einem Kontext politischer Spannungen.

Wenn Christus tatsächlich das Haupt unserer Kirche ist, dann lassen wir uns von dem Weg inspirieren, den Jesus uns eröffnet hat. Wir werden die Gewalt in der Welt nicht aufhalten, indem wir uns daran beteiligen. Wahre Erlösung ist etwas ganz anderes. Beten wir, dass der Erlöser unser politisches Handeln inspiriert. Lassen wir uns von seinen Lehren leiten und versuchen wir mit Urteilsvermögen, wie jene Diener zu sein, von denen Jesus spricht, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten, indem sie auf sein Haus aufpassen und jeder an seinem Platz arbeitet, ohne zu wissen, wann er zurückkehren wird.6

 


Referenzen:

[1] Walter Wink, The Powers that be: Theology for a New Millenium, New York: Doubleday Publishing, 1999

[2] Walter Wink, „The Myth of Redemptive Violence“, in The Bible in Transmission, Bible Society, Frühjahr 1999, (eigene Übersetzung)

[3] Siehe Jackie Smith, „Economic Globalization and Strategic Peacebuilding“, in Strategies of Peace transforming conflict in a violent world, Daniel Philpott und Gerard Powers, Hrsg., New York: Oxford University Press, 2010. Aber auch das ausgezeichnete Buch von Erica Chenoweth, Maria J. Stephan, Pouvoir de la non-violence: Pourquoi la résistance civile est efficace, France : Calmann-Lévy, 2021

[4] De Coninck Frédéric, „L’anthropologie du sacrifice“ in Rédemption et salut, La portée de l’œuvre du Christ pour la vie d’Église et pour l’éthique, Éditions Excelsis, Frankreich: Charols, 2011.

[5] 2. Korinther 5:11-21

[6] Markus 13:33-37

 

Teile diesen Beitrag mit deinen Freunden

ähnliche Beiträge

SAVE THE DATE - Blog Format 2

Die 16. StopArmut Konferenz findet zum Thema "Schwerter zu Pflugscharen - von Reaktionen auf bewaffnete Konflikte" statt.

15 April 2025
Easter and peace

Was wenn unsere Besessenheit von Gewalt als Lösung eine Illusion wäre? In einer Zeit, in der Nationen sich bewaffnen und Konflikte auflodern, zeigt uns das Kreuz Christi einen radikalen Weg: das Böse besiegen, indem man sich schlagen lässt. Eintauchen in eine göttliche Umkehr, die all unsere Logik auf den Kopf stellt.

14 April 2025
SONY DSC

Die junge Generation für Verantwortung begeistern.

20 März 2025
Melde dich für unseren Newsletter an